Kann die Sonne auch einen Tsunami erzeugen? Neue Forschung könnte das Rätsel des „Tsunamis“ der Sonnenchromosphäre gelöst haben

Kann die Sonne auch einen Tsunami erzeugen? Neue Forschung könnte das Rätsel des „Tsunamis“ der Sonnenchromosphäre gelöst haben

In dem chinesischen Science-Fiction-Film „Die wandernde Erde“ gibt es eine schreckliche Szene: Weil die Erde aufhört, sich zu drehen, wird der Meeresspiegel im Raum Shanghai um 300 Meter ansteigen und zahlreiche Küstengebiete auf der ganzen Welt werden von Tsunamis heimgesucht! Es zeigt sich, wie verwundbar die Menschen gegenüber Tsunamis sind. Tsunamis zählen zu den Naturkatastrophen mit der größten Explosionsgefahr auf der Erde. Sie können Wellengeschwindigkeiten von bis zu 800 Kilometern pro Stunde erreichen und Tausende von Kilometern zurücklegen. Tsunamis werden hauptsächlich durch Unterwassererdbeben, Vulkanausbrüche, Unterwassererdrutsche und andere Aktivitäten verursacht. Diese Art heftiger explosiver Aktivität kommt nicht nur auf der Erde vor, sondern ist auch häufig auf der Sonne zu beobachten, beispielsweise in Form von koronalen Massenauswürfen und Flares. Diese explosiven Aktivitäten können auch „Sonnentsunamis“ mit höherer Energie und größerem Ausmaß auslösen.

Abbildung 1: Tsunami auf der Erde (Quelle: Internet)

Das „ Meer“ des Sonnen-Tsunamis

Der „Sonnentsunami“ ist ein Wellenphänomen, das sich in der Sonnenatmosphäre ausbreitet, sodass die Sonnenatmosphäre als Ausbreitungsmedium dieser Welle – „Sonnenmeer“ – angesehen werden kann. Genau wie bei terrestrischen Tsunamis bestimmt die Sonnenatmosphäre weitgehend die Natur von „Sonnen-Tsunamis“.

Die Sonne erzeugt in ihrem Kernbereich durch Kernfusion kontinuierlich Energie, die dann durch die Strahlungszone nach außen in die äußere Sonnenatmosphäre fließt. Die Sonnenatmosphäre lässt sich von innen nach außen in Photosphäre, Chromosphäre, Übergangszone und Korona unterteilen und ist mit Plasma bzw. ionisiertem Gas gefüllt. Die Photosphäre ist die mit bloßem Auge sichtbare leuchtende Scheibe der Sonne mit einer Dicke von etwa 500 Kilometern. über der Photosphäre befindet sich die Chromosphäre mit einer Dicke von etwa 2000 Kilometern und die Übergangszone mit einer Dicke von etwa 100 Kilometern; Jenseits der Übergangszone befindet sich die Korona, die sich bis in den interplanetaren Raum erstreckt. Die Temperatur der Photosphäre beträgt etwa 5.000 Grad, die Temperatur der Chromosphäre liegt zwischen 4.000 und 20.000 Grad und die Temperatur der Korona erreicht mehrere Millionen Grad. Die Plasmadichte in der Sonnenatmosphäre nimmt in der Photosphäre, Chromosphäre und Übergangsregion stark ab und nimmt in der Korona langsam ab. Darüber hinaus ist die Sonnenatmosphäre voller Magnetfelder, die im Inneren der Sonne erzeugt werden und ständig in die darüber liegende Atmosphäre austreten, wodurch sie letztlich die Aktivitätsphänomene in der Sonnenatmosphäre beeinflussen und sogar steuern.

Abbildung 2: „Sonnenmeer“ (Quelle: Wikipedia)

Jede Störung führt zu Schwankungen. Störungen in der Erdatmosphäre können Schallwellen erzeugen, und seismische Wellen sind ebenfalls eine Art von Schallwellen. In der Sonnenatmosphäre werden durch Störungen vor allem magnetoakustische Wellen angeregt. Dabei handelt es sich um die Kopplung von Schallwellen und Fluktuationen im Magnetfeld (eine Art von Fluktuation, die als Alfvén-Wellen bezeichnet wird und durch die Erschütterung der magnetischen Feldlinien verursacht wird). Die Geschwindigkeit dieser magnetoakustischen Wellen kann zwischen ein- oder zweihundert Kilometern pro Sekunde und Tausenden von Kilometern pro Sekunde liegen.

Entdeckung von „ Sonnen-Tsunamis

Der „Sonnen-Tsunami“ erscheint als kreisförmige Wellenfront in der Sonnenatmosphäre, die sich vom Explosionsherdgebiet in alle Richtungen ausbreitet. Da sich die Strahlungsverstärkung hauptsächlich im extremen Ultraviolettbereich konzentriert, wird sie auch als koronale extreme Ultraviolettwelle (EUV) bezeichnet. Darüber hinaus lautete die erste Bezeichnung für die Welle „koronale EIT-Welle“, da sie erstmals vom Extreme Ultraviolet Imaging Telescope (EIT) auf dem 1995 gestarteten Satelliten Solar and Heliospheric Observatory (SOHO) beobachtet wurde. Der erste „Sonnen-Tsunami“ wurde 1997 vom EIT entdeckt, seine Existenz wurde jedoch schon vor über 20 Jahren vorhergesagt.

Abbildung 3: „Solar-Tsunami“. (Bildquelle: NASA/STEREO)

Lange bevor Satelliten zur Sonnenbeobachtung ins All geschossen wurden, verließen sich Astronomen bei der Beobachtung der Sonne hauptsächlich auf erdgebundene Teleskope. In den frühen 1960er Jahren beobachtete die amerikanische Astronomin Gail Moreton das „Tsunami“-Phänomen in der Sonnenchromosphäre. Die folgende Abbildung zeigt ein Beispiel. Die Intensität dieser Welle ist relativ gering, ihre Geschwindigkeit beträgt jedoch über Tausende von Kilometern pro Sekunde und sie kann sich fast über die gesamte Sonnenoberfläche ausbreiten. Spätere Generationen nannten diesen „chromosphärischen Tsunami“ die Morton-Welle.

Abbildung 4: „Chromosphären-Tsunami“ (Quelle: National Solar Observatory und U.S. Naval Research Laboratory)

Werden solche schnellen Moulton-Wellen in der Chromosphäre erzeugt? Wenn man bedenkt, dass die chromosphärische Alfvén-Geschwindigkeit (etwa 100 Kilometer pro Sekunde) relativ gering ist, können die chromosphärischen magnetoakustischen Hochgeschwindigkeitswellen von 1000 Kilometern pro Sekunde nur sehr, sehr starke Stoßwellen sein (Mach-Zahl liegt bei etwa 10). Eine so starke Stoßwelle sollte jedoch schnell abklingen und eine kurze Ausbreitungsdistanz haben, was jedoch nicht mit den Beobachtungen übereinstimmt.

Um dieses Problem zu lösen, schlug der japanische Astronom Yutaka Uchida 1968 vor, dass Moulton-Wellen die „Fußabdrücke“ seien, die von den schnellen Stoßwellen hinterlassen würden, die sich in der Korona ausbreiten und die Chromosphäre nach unten komprimieren. Auf diese Weise wird die Geschwindigkeit der Moulton-Wellen durch die Geschwindigkeit der magnetoakustischen Wellen in der Korona bestimmt, nicht durch die Geschwindigkeit der magnetoakustischen Wellen in der Chromosphäre. Diese Theorie kann viele Beobachtungsmerkmale von Morton-Wellen erklären. Wie viele wissenschaftliche Theorien macht auch diese eine Vorhersage: Es gibt einen „Tsunami“ in der Sonnenkorona! Da die Koronastrahlung überwiegend im extremen Ultraviolettbereich (EUV) oder im weichen Röntgenbereich konzentriert ist und diese Strahlung die Atmosphäre nicht durchdringen und die Erde erreichen kann, ist es zur Überprüfung dieser Vorhersage notwendig, einen Sonnenbeobachtungssatelliten in den Himmel zu schicken. Dies bringt uns zurück zu dem, was zuvor eingeführt wurde – der Entdeckung von EUV-Wellen oder EIT-Wellen.

Ein seltener „chromosphärischer Tsunami“ – die Moulton-Welle

Seit ihrer Entdeckung wurden nur einige Dutzend Fälle von Moulton-Wellen beobachtet. Seit dem Start mehrerer Solarsatelliten wurden jedoch Tausende von „Sonnentsunamis“ beobachtet. Die Frage ist also: Wenn „Sonnen-Tsunamis“ die Quelle von Moreton-Wellen sind, warum erzeugen so viele „Sonnen-Tsunamis“ nur so wenige „Chromsphären-Tsunamis“? Warum sind Moreton-Wellen so selten?

Kürzlich veröffentlichten Professor Zheng Ruisheng und Professor Chen Yao vom Institut für Weltraumwissenschaften der Universität Shandong und ihre Mitarbeiter (darunter Professor Chen Pengfei von der Universität Nanjing und Professor Tian Hui von der Universität Peking) einen Artikel in der internationalen Fachzeitschrift Astrophysical Research Letters, in dem sie wichtige Beweise für die Lösung der seltenen Rätsel der „Sonnen-Tsunamis“ und „Chromsphären-Tsunamis“ lieferten.

Die Studie ergab, dass es bei koronalen EUV-Wellen, die von Moulton-Wellen begleitet werden, einen scharfen und hellen Bereich am unteren Ende der Wellenfront gibt und dass es auch eine ähnliche Wellenreaktion auf der 304-Angström-Spektrallinie gibt, die aus der sogenannten Übergangszone zwischen der Korona und der Chromosphäre stammt. Noch überraschender ist, dass derartige Ereignisse alle durch schräge Ausbrüche verursacht werden. Einer der wichtigsten Faktoren, der darauf schließen lässt, dass ein „Sonnen-Tsunami“ erfolgreich einen „Chromsphären-Tsunami“ auslösen kann, ist die stark geneigte Konfiguration der Explosion (etwa 70 Grad vom Radialwinkel abweichend). Die stark geneigte Wellenfront des „Sonnen-Tsunamis“ kann die untere Atmosphäre der Sonne stärker komprimieren und dadurch den „Chromsphären-Tsunami“ anregen. Das seltene oder „seltene“ Auftreten von Explosionen mit starker Neigung könnte der Hauptgrund für die Seltenheit des „chromosphärischen Tsunamis“ sein, nach dem Astronomen schon seit langer Zeit suchen! Diese Forschung ist von großer Bedeutung für ein umfassendes Verständnis des Anregungsmechanismus und der dreidimensionalen Ausbreitung von „Sonnen-Tsunamis“. Darüber hinaus können dadurch indirekt der Auslösemechanismus geneigter Ausbrüche und der Beschleunigungsmechanismus hochenergetischer Teilchen aufgedeckt werden, wodurch wichtige Informationen für die Vorhersage des Weltraumwetters gewonnen werden.

Abbildung 5: „Sonnen-Tsunami“ bei schräger Eruption (Quelle: Zheng et al. ApJL, 2023)

Dieser Artikel ist eine vom Science Popularization China Starry Sky Project unterstützte Arbeit

Autor: Zheng Ruisheng

Gutachter: Han Wenbiao, Forscher am Shanghai Astronomical Observatory, Chinesische Akademie der Wissenschaften

Produziert von: Chinesische Vereinigung für Wissenschaft und Technologie, Abteilung für Wissenschaftspopularisierung

Hersteller: China Science and Technology Press Co., Ltd., Beijing Zhongke Xinghe Culture Media Co., Ltd.

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