Kann eine Veränderung der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit Ihr Gedächtnis verbessern? Wissenschaftler entdecken, dass das Gedächtnis nicht nur mit der Tiefe der Gehirnwindung zusammenhängt

Originaltitel: Verbessert eine Veränderung der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit Ihr Gedächtnis?

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Gedächtnisverbesserungen bei alten Mäusen, denen Zerebrospinalflüssigkeit (CSF) von jungen Mäusen infundiert wurde, auf Wachstumsfaktoren zurückzuführen sein könnten, die die Funktion von Nervenzellen wiederherstellen können. Die entsprechenden Forschungsergebnisse wurden am 11. Mai in Nature veröffentlicht und zeigten, dass die Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit junger Mäuse potenzielle regenerative Eigenschaften für das alternde Gehirn besitzt.

Mit zunehmendem Alter des Gehirns verschlimmert sich der kognitive Abbau und es besteht ein erhöhtes Risiko für Demenz und neurodegenerative Erkrankungen. Das Verständnis, wie systemische Faktoren das Gehirn im Laufe des Lebens beeinflussen, könnte neue Erkenntnisse über mögliche Therapien zur Verlangsamung der Gehirnalterung liefern. Die Zerebrospinalflüssigkeit (CSF) ist Teil der unmittelbaren Umgebung des Gehirns und für die Nährstoffversorgung der Gehirnzellen sowie die Signalübertragung verschiedener Moleküle und Wachstumsfaktoren verantwortlich. Die Rolle der Zerebrospinalflüssigkeit bei der Alterung des Gehirns ist jedoch noch nicht vollständig geklärt.

Um die potenziellen regenerativen Eigenschaften von CSF zu testen, perfundierten Tony Wyss-Coray und Kollegen an der Stanford University in Kalifornien, USA, CSF von jungen Mäusen (10 Wochen alt) in die Gehirne alter Mäuse (18 Monate alt). Die Autoren berichten, dass diese Behandlung die Gedächtnisfunktion bei älteren Mäusen verbesserte. Die Studie zeigte, dass die Zerebrospinalflüssigkeit junger Mäuse die Stimulation von Oligodendrozyten-Vorläuferzellen im Hippocampus (dem Gedächtniszentrum des Gehirns) verstärken kann und das Potenzial hat, Oligodendrozyten (eine Art Nervenzelle) und Myelin (eine fetthaltige Substanz, die Nervenzellen schützt) zu regenerieren.

Um die Mechanismen hinter diesen Effekten aufzuklären, untersuchten die Autoren die Signalwege, die durch die Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit junger Mäuse aktiviert werden. Die Studie zeigte, dass ein Transkriptionsfaktor namens SRF die Auswirkungen der Zerebrospinalflüssigkeit junger Mäuse auf Oligodendrozyten-Vorläuferzellen vermitteln kann und die Expression dieses Transkriptionsfaktors im Hippocampus alter Mäuse abnimmt.

Die Autoren identifizierten außerdem einen Wachstumsfaktor namens Fgf17 als Kandidatenmolekül für die Induktion der SRF-Signalgebung. Es wurde gezeigt, dass der Expressionsgrad von Fgf17 bei gealterten Mäusen abnimmt. Die Injektion von Fgf17 in alte Mäuse rekapitulierte jedoch die Effekte, die nach der Perfusion von Zerebrospinalflüssigkeit bei jungen Mäusen beobachtet wurden, einschließlich der Induktion der Proliferation von Oligodendrozyten-Vorläuferzellen und einer verbesserten Gedächtnisfunktion.

Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass die Ergebnisse darauf schließen lassen, dass Fgf17 ein potenzieller Faktor ist, der die Regeneration im gealterten Gehirn fördert.

„Diese Studie weist nicht nur auf das Potenzial des FGF17-Gens als therapeutisches Ziel hin, sondern zeigt auch die möglichen Vorteile eines Arzneimittelverabreichungswegs, der einen direkten Zugang zur Zerebrospinalflüssigkeit für die Behandlung von Demenz ermöglicht“, schrieben Miriam Zawadzki und Maria Lehtinen vom Boston Children’s Hospital in Massachusetts in einem gleichzeitig veröffentlichten Nachrichten- und Meinungsartikel.